Sophia in Skopje, Nordmazedonien // 3. Bericht

 

Der langersehnte Sommer ist in Skopje mit voller Wucht eingebrochen und damit ist die letzte Jahreszeit, die ich hier in Skopje erleben werde, endgültig angekommen. Hinter mir liegen ein veränderungsvoller Herbst, ein verzaubernder Winter und ein erkenntnisweckender Frühling. Vor mir liegt ein Sommer, der verspricht, alle drei Attribute auf einmal mit sich zu bringen. Aber erstmal zurück zu den zweieinhalb Monaten, die seit dem letzten Bericht vergangen sind.  

Auf der Arbeit war in der letzten Zeit – wie immer – sehr viel los. Es wurden viele Workshops und Events veranstaltet, sodass in unserem gemeinsamen Kalender fast kein ereignisfreier Tag zu finden war. Tatsächlich war so viel los, dass ich bis jetzt keine Zeit hatte einen weiteren Workshop durchzuführen. Dafür war die Teilnahme an den verschiedenen Workshops der anderen Freiwilligen sehr lehrreich und unterhaltsam. Es wurden Themen von Cybersicherheit über Zines bis Entscheidungstreffung und Stressmanagement abgedeckt. Eine besondere Stelle in der Terminplanung hat auch immer noch der Buchclub, für den ich mit einer meiner französischen Mitfreiwilligen hauptsächlich verantwortlich bin. Es ist unfassbar schön, dass wir in einigen Wochen bereits die sechste Ausgabe veranstalten dürfen und immer noch reichlich Leute, darunter viele bekannte, aber auch immer wieder neue Gesichter, kommen. Ansonsten habe ich mich in letzter Zeit mehr auf Soziale Medien und die Arbeit am Magazin fokussiert. Mittlerweile sind sogar meine Schwierigkeiten mit dem Schreiben zurückgegangen und ich habe wieder mehr Spaß an dem Prozess – alles Dank der Hilfe durch die Mitarbeiter. 

Auch wenn es im Büro überwiegend kleine und kaum größere Änderungen zu verbuchen gab, hat es viele Veränderungen und erste Male in den Erfahrungen außerhalb der Arbeit gegeben. So habe ich zum ersten Mal Besuch aus Deutschland bekommen. Meine beste Freundin und meine Mutter sind mit einem Abstand von nur einem Monat nach Skopje gekommen und ich hatte die große Freude mit ihnen ein Stück von Nordcmazedonien und dem Ort, teilen zu dürfen, der zu einem Teil meines Zuhauses geworden ist. Die beiden Besuche waren eine sehr willkommene Gelegenheit die vielen sehenswürdigen und erlebenswerten Sachen in der Stadt und dem Land aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Das typische, touristische Programm wie Besuche beim alten Basar, Ausflüge zum Vodno und nach Matka, nicht als Besucher sondern „Guide“ zu erleben. Auf diese Weise ist auch die Neugier, neue Teile und Seiten von Skopje und Nordmazedonien zu entdecken und zu erkunden, auf ein Neues entfacht.

Die perfekte Gelegenheit diese Neugier zu stillen, bot sich dann auch gleich in Form eines einwöchigen Roadtrips durch die westliche Hälfte des Landes zusammen mit Maike und einer weiteren Mitfreiwilligen aus Polen an. Zusammen haben wir für acht Tage ein Auto gemietet und haben uns unseren Weg durch die beeindruckende und unglaublich vielseitige Natur und die historischen Städte Nordmazedoniens gesucht. Unterwegs haben wir die einzigartigen Seelandschaften der Seen Prespa und Ohrid und die vielen Gesichter der eindrucksvollen Berglandschaften erkundet: Die besonderen, kunsthaften kleinen und großen Klöstern und Moscheen, die von der langen Geschichte und reichen Traditionen des Landes zeugen, erkundet und die Schönheit und Außergewöhnlichkeit unseres Gastlandes erneut vor Augen geführt bekommen. 

Der Roadtrip war aber nicht nur ein Anlass zum Entdecken von Neuem, sondern bot auch die Möglichkeit einen Schritt zurück zu treten vom Alltag in der Organisation und die Ereignisse der letzten Zeit und die Abläufe, die zu Gewohnheiten geworden sind, zu reflektieren. Etwas Abstand und Zeit zum Ausruhen haben nach einer langen Zeit in dem zum Alltag gewordenen Trott aus vielen parallel und in engen Zeiträumen stattfindenden Veranstaltungen, Workshops und anderweitigen Events und Aktionen sehr gutgetan, um mit frischer Energie und einem frischen Blick neu starten zu können – gerade mit Hinblick auf die im Juli anstehende Jugendolympiade hier in Skopje. So war es eine sehr positive Erfahrung, einen Schritt aus meiner Komfortzone zu treten, der erneut unter Beweis gestellt hat, wie wichtig es ist, sich immer wieder herauszufordern und seinen Wohlfühlbereich immer weiter auszudehnen. Nach dem Urlaub war es auch schön wieder in die Arbeit und das Leben mit den anderen Freiwilligen einzutreten. Denn obwohl wir nur eine Woche weg waren, habe ich die Menschen und die Arbeit, aber auch die Routine aus sonntäglichem Backen, ruhigen Spaziergängen im Kisela Voda der Abenddämmerung sowie den regelmäßigen Yogaunterricht vermisst. Die Vorfreude darauf, die ganzen Menschen, die mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind, wiederzusehen, war eine sehr schöne Erfahrung, aber gleichzeitig auch von dem Bewusstsein geprägt, dass sich unsere gemeinsame Zeit hier langsam dem Ende zuneigt. 

In der letzten Zeit und in der nächsten Zeit standen und stehen so viele Willkommen an wie kaum je zuvor. Andererseits kündigen sich auch die ersten Abschiede von den Langzeitfreiwilligen an, mit denen ich die letzten siebeneinhalb Monate Seite an Seite begangen habe. Der Gedanke an diese Abschiede löst eher gemischte Gefühle in mir aus, denn auch wenn es von Anfang an klar war, dass es so kommen würde, ist es trotzdem eine Herausforderung neuer Art. Gleichzeitig ist es aber auch eine gute Erinnerung daran, jeden Moment hier noch mehr zu genießen und auszukosten, da es das ist, worauf es eigentlich ankommt. Wenngleich sich die Gedanken an die Zeit nach den Abschieden und schließlich auch nach meiner Rückkehr immer wieder einschleichen, wirkt alles gleich weniger beängstigend, wenn man sich vor Augen führt, dass alles damit beginnt den Moment zu nehmen, wie er kommt.

So sitze ich gerade an meinem Schreibtisch vor der Fensterbank mit einer unglaublichen Aussicht auf den in die letzten Sonnenstrahlen getränkten Vodno und blicke mit etwas Stolz und großer Freude auf meine kleine Sammlung an Zimmerpflanzen auf dem Sims. Zu beginn habe ich mich schwergetan, meine Pflanzen am Leben zu halten und tatsächlich ist eine von ihnen meiner Neigung zum übermäßigen Gießen zum Opfer gefallen. Aber mittlerweile halte ich fünf Pflanzen recht erfolgreich am Leben. Eine von ihnen, habe ich Anfang Dezember als kleinen Setzling für 50 mazedonische Denar bei einem Spendenbasar ergattert habe. Zusammen bin ich mit der kleinen grünen Pflanze in einen neuen Blumentopf hineingewachsen, der sich am Anfang etwas zu groß angefühlt hat, den ich jetzt aber ohne weiteres Nachdenken mein zu Hause nennen kann. 

Sophia verbringt ihren Freiwilligendienst im Volunteer Centre Skopje, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.

Wenn du etwas Ähnliches wie Sophia erleben möchtest, schau dir unsere Calls hier an.