Juliusz in Vinnytsia, Ukraine // 2. Bericht

Hej,

Ich bin Juliusz, 19 Jahre, und komme dem wunderschönen Osten, aus Leipzig. Seit mittlerweile gut 3 Monaten bin ich Freiwilliger in Winnyzja in der Ukraine und es warten noch 6 weitere Monate hier auf mich.

Tatsächlich war ich bevor ich hier herkam Schüler und war dabei mich auf mein Abitur vorzubereiten, als ich mich entschieden habe, nach einer Möglichkeit zu suchen, längere Zeit in der Ukraine zu leben. Es ging sehr schnell, dass ich diesen Freiwilligen Dienst fand, mit NaturKultur als Sendeorganisation und der ukrainischen NRO Pangeya Ultima, welche  beide sehr hilfreich sind und mir zur Seite stehen.

Einerseits wollte ich nach der Schule nicht direkt mein Studium beginnen und dachte, längere Zeit im Ausland zu leben wäre eine gute Erfahrung. Vielleicht wichtig zu erwähnen ist, dass mein Vater aus Polen stammt, sodass wir jedes Jahr mindestens ein paar Wochen dort verbringen. Mir gefällt es dort wahnsinnig, ich liebe dieses Land und dadurch zieht es mich gen Osten; ich bin ich sehr interessiert an slawischen Ländern, deren Kultur, Folklore und Sprache. Dabei fasziniert mich die Ukraine in diesen Aspekten ganz besonders und schon bevor ich hier herkam kannte ich viele ukrainische Volkslieder, lernte fleißig deren Texte und spielte diese auch auf dem Akkordeon. Auch war ich sehr motiviert ukrainisch zu lernen, da ich bereits polnisch und ein wenig russisch sprach und mir diese Sprachen sehr gefallen.

Natürlich hatte ich einige Erwartungen und auch Ängste bevor ich hierherkam und die Tage vor meiner Abreise aus Polen wurde ich sehr nervös: Wie ist es niemanden zu kennen und sich in einem fremden Land komplett neu einleben zu müssen, ohne die Sprache zu sprechen?

Nun, jetzt bin ich seit 3 Monaten hier und kann sagen: Es ist fantastisch.
Zwar wunderte es mich zu Beginn ein wenig, aber quasi von Tag 1 an fühlte ich mich wie zu Hause, ich erwartete den nächsten Morgen in meinem Bett aufzuwachen und völlig irritiert zu sein, da ich nicht in Deutschland bin, aber es war als wäre das schon seit Jahren mein Alltag und als hätte ich mich schon eingelebt.

Dazu beigetragen haben wahrscheinlich auch die ganzen neuen Leute die ich in den ersten Tagen traf, einige andere Freiwillige und auch die Mitglieder von Pangeya Ultima, die mich alle so herzlich begrüßten und aufnahmen. Entgegen meiner Ängste treffe ich sehr viele neue Leute, habe bereits jetzt dutzende neue Freunde aus ganz Europa, die ich meine Lebzeit nicht vergessen werde und gehe an freien Tagen sehr oft raus, um mich mit diesen zu treffen.

Auch das Projekt an sich ist fantastisch. Die Organisation Pangeya Ultima hat mehrere Tätigkeitssphären, für mich relevant sind Linguistik, das Engagieren mit jungen Leuten, Medienproduktion und Aufklärung über Nachhaltigkeit. In Winnyzja leite ich gemeinsam mit Franziska, einer weiteren Freiwilligen von NaturKultur, den Deutschklub, der wöchentlich für jeden der kommen will kostenlos stattfindet, da ich das Lernen von Sprachen sehr gern mag, ist es sehr interessant dort am eigenen Leib zu erfahren, wie man am besten Sprachen lehrt.

Außerdem finden mehrmals pro Monat mehrtägige Aufenthalte im sogenannten „Eco-Center“, einem durch die Organisation gekauften und renovierten Haus in Stina, einem kleinen 400-Einwohner-Dorf nahe der moldawischen Grenze statt. Dort geht es vor allem darum mehr leben in das Dorf zu bringen, die dortige Jugend miteinzubeziehen, vor einigen Jahren fand dort sogar ein Rock-Konzert im dortigen Haus der Kultur statt.

Davon abgesehen gilt es dort viel physische Arbeit zu errichten; das erste Mal in meinem Leben  schaufelte ich eine Grube, mischte Zement und errichtete sogar eine Mauer aus Ziegelsteinen. Ebenfalls gibt es in Winnyzja ständig etwas zu tun, kleine Projekte, Meetings und Aufgaben aller Art.

Der Hauptaspekt, wieso ich hierherwollte, das Erlernen des Ukrainischen, ist bisher ein voller Erfolg. Seit Beginn meines Dienstes habe ich versucht jede Möglichkeit zu nutzen mein ukrainisch zu verbessern, mit einigen Freunden hier spreche ich manchmal nur ukrainisch statt englisch um zu üben. Ich versuche auch so viel Grammatik zu lernen, wie möglich, auch, wenn dazu oft die Disziplin fehlt. Mittlerweile bin ich quasi problemlos dazu in der Lage mich auf ukrainisch fließend zu unterhalten, so lang es nicht um spezifische oder komplexe Themen geht, und es freut mich immer sehr zu hören, dass ich eine sehr schöne, und interessanterweise auch polnische, Aussprache habe.

Generell geht es mir hier super, ich hatte bereits einige erinnerungswürdige Erlebnisse, wie zum Beispiel das Verschlafen meines Zugstopps, so dass ich mitten in der Nacht 120km von zu Hause entfernt auf einem fremden Bahnhof stand, oder mitten im Dunkeln auf einer einsamen Landstraße kilometerweit umgeben von Kartoffelfeldern auf einen Anhalter zu hoffen, der mich zurück nach Winnyzja bringt (und diesen dann auch zu finden). Betrunkene Leute in der Nacht auf einem Parkplatz zu ukrainischer Volksmusik tanzen zu sehen oder in eine orthodoxe Kirche zu gehen, um dann von herrlichem Gesang und prächtigen Altären begrüßt zu werden.

Es ist herrlich hier, und ich bin traurig, wenn ich schon jetzt daran denke im Juni 2022 die Ukraine verlassen zu müssen, aber ich habe noch viel vor in der Zeit, ich möchte reisen, neue Leute kennenlernen, und meine sprachlichen Kenntnisse erweitern, und darauf freue ich mich jetzt schon.

Хай живе Україна!

Juliusz

 

Juliusz verbringt sein ESK bei Pangeya Ultima und ist Teil des Projekts  “Volunteers for a Green Future”, finanziert durch das Europäische Solidaritätskorps und JUGEND für Europa.