Johanna in Tbilisi, Georgien // 1. Bericht

Es ist mitten in der Nacht, wir sitzen im Bolt-Taxi, draußen die glitzernden Stadtlichter, breite Straßen mit großen Leuchtreklamen mit georgischen Schriftzeichen, in der Ferne auf dem Berg ein bunt funkelnder Turm, ein Taxifahrer, der kein Wort englisch spricht, und natürlich Techno aus den Auto-Lautsprechern… So hat mich Tbilisi empfangen.

Wir hatten zunächst ein sehr ruhiges Wochenende zum Ankommen, da viele unserer Gruppe von Freiwilligen verreist waren. So haben wir uns zu zweit aufgemacht, die Stadt zu erkunden. Ich war direkt begeistert von der Altstadt, den schönen alten Gebäuden dort, den unendlichen Märkten, den farbenfrohen Graffitis und dem pulsierenden Vibe der Stadt.

Im Laufe der ersten Woche konnten wir dann auch unsere Mitfreiwilligen und Kolleginnen und Kollegen im Büro der „Youth Association Droni“ kennenlernen, bei der ich meinen Freiwilligendienst bis nächsten Sommer verbringen werde. Die ersten Arbeitstage waren wir noch mit kleineren Aufgaben beschäftigt oder nahmen an Workshops teil. In der zweiten Woche waren wir gemeinsam einen Tag in Dmanisi, einer kleinen Stadt in der Nähe der armenischen Grenze, um bei einem Festival über Erasmus+ und den Europäischen Solidaritätscorps zu informieren. Den Kindern die Hände zu bemalen, und mit einzelnen Wortschnipseln auf georgisch und englisch, oder einfach mit Händen und Füßen zu kommunizieren, hat sehr viel Spaß gemacht. Faszinierend waren bei dem Stadtfest vor allem auch die Aufführungen von historischen Ereignissen und traditionellen Tänzen.

Ein wichtiger Teil der Arbeit bei Droni sind Erasmus+ Jugendbegegnungen, bei denen sich junge Menschen aus verschiedenen Ländern für ein paar Tage oder Wochen treffen und sich mit einem bestimmten Thema beschäftigen (zum Beispiel Umweltschutz oder Menschenrechte). Da die nächste Bewerbungsfrist vor der Tür stand, konnten wir an einem Project-Writing-Workshop teilnehmen und wurden ermutigt, unsere eigene Projektidee zu verfassen und uns damit für eine Förderung zu bewerben. Auch wenn es mit sehr viel Zeitdruck verbunden war, waren wir am Ende sehr froh und stolz, als unsere Bewerbungen dann noch rechtzeitig abgeschickt werden konnten. Ob die Projekte bewilligt werden, erfahren wir hoffentlich im Dezember.

Mir gefällt es sehr, dass wir hier die Möglichkeit haben, unsere eigenen Ideen in die Arbeit einzubringen und neue Projekte ins Leben zu rufen. Im Oktober haben wir damit richtig losgelegt und zum Beispiel eine Reihe internationaler Meet&Greet-Events initiiert. Die erste Veranstaltung war ein „Cultural Exchange Speed Dating“ mit dem Ziel, georgische und internationale Menschen zusammenzubringen. In einem gemütlichen Hof mit Lichterketten konnten sich die Teilnehmenden jeweils fünf Minuten miteinander unterhalten, unterstützt durch eine Reihe von spannenden Fragen. Ein Highlight unserer Meet&Greet-Events war auch unsere erste Quiz Night. In international gemischten Teams mussten die Teilnehmenden verschiedene Fragen zur Welt beantworten und konnten natürlich am Ende tolle Preise gewinnen. Für die Jugendlichen in einem Jugendzentrum am Rande der Stadt haben wir außerdem eine Kleidertauschparty mit lustigen Spielen organisiert.

Zudem bin ich bei Droni seit Oktober verantwortlich für die Organisation von wöchentlichen „Get Ready“ Workshops für alle georgischen und internationalen Ehrenamtlichen bei Droni. Einen Workshop davon habe ich bereits auch selbst gehalten, zum Thema Gruppeninteraktion. Den Workshop vorzubereiten, einzelne Aktionen und Spiele zu planen und dann am Ende zu sehen, wie motiviert und interessiert die Teilnehmenden mitmachen, ermutigt mich, noch weitere Workshops zu gestalten.

Faszinierend war auch unsere Teilnahme an der „B2B Fair of Social Enterprises“, einer Messe zur Vernetzung von sozialen Organisationen in Georgien. Überraschend war dabei vor allem, wie viele sich doch mit dem Thema Umwelt und Müllvermeidung auseinandersetzen, da man sonst eher das Gefühl hat, das Thema sei in Georgien noch gar nicht angekommen. Es freut mich, dass es auch hier so viele Initiativen gibt, die versuchen, innovative Lösungen zu finden und einen positiven Impact in der Welt zu hinterlassen.

Allgemein genieße ich es sehr, wie meine Zeit in Tbilisi bisher mit stetigen neuen Eindrücken gefüllt ist. Jeden Tag gibt es Neues zu sehen, tolle Menschen zu treffen und Orte zum Verlieben zu entdecken. Dazu gehört auch die georgische Küche, die mich auf jeden Fall schon mit ihren leckeren Auberginen-Gerichten mit Walnüssen oder gefüllten Broten überzeugt hat.

Natürlich gibt es hier auch Dinge, die einem viel Kopfschütteln bereiten, wie zum Beispiel die unglaublich chaotische Verkehrssituation. Aber man lernt schnell, den Lärm auszublenden, und große Straßen auch ohne Ampel selbstbewusst zu überqueren. Umso beeindruckender ist es auch, mit welcher entspannten Haltung georgische Menschen selbst damit umgehen. Da lässt man sich nicht von einer Baustelle aufhalten oder von einem Menschenstau in der Metrostation die Laune verderben. Und selbst hier in der Großstadt ist die hochgepriesene Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen in Georgien deutlich zu spüren.

In unserer Freizeit sind wir stets dabei, die Stadt zu erkunden, neue aufregende Plätze, verschiedene Parks, den wunderbar ruhigen botanischen Garten, verschiedene Restaurants, Bars und Clubs. Auch außerhalb unserer Gruppe von Freiwilligen haben wir so schon viele tolle Menschen kennengelernt, die uns neue Orte gezeigt haben und mit denen wir schöne Momente und aufregende Erlebnisse teilen konnten. Da uns das Wetter hier einen wunderschönen goldenen Herbst beschert hat, konnten wir sogar Anfang November im Tbilisi Sea bei strahlendem Sonnenschein und 22 Grad noch schwimmen gehen.

Die Wochenenden nutzen wir meistens, um aus der lauten lauten Stadt zu fliehen und die wunderschöne Landschaft Georgiens zu erkunden. Bei traumhaften Wanderungen in Gudauri, Mzcheta und Borjomi hat sich der Herbst mit seiner Farbenpracht so richtig gezeigt. Einer der schönsten Momente in den letzten Wochen war es, in den Hügeln in der Nähe des Sioni Sees aufzuwachen und den Sonnenaufgang zu bewundern. Eine Kuhherde zog vorbei, der Nebel lichtete sich, und wir lagen einfach auf der Wiese, und haben die wunderbar wärmende Sonne und friedliche Atmosphäre dieses Wohlfühlortes genossen.

Johanna

 

Johanna verbringt ihren Freiwilligendienst in der Youth Association DRONI, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.