Ich werde versuchen dieses eine Jahr, das ich erlebt habe so umfassend und aufrichtig wie möglich zu beschreiben. In der Zeit, in der ich mich für dieses Projekt beworben und später die Nachricht über meine Aufnahme erhalten habe, befand ich mich (wie viele andere) in einer eher instabilen Phase meines Lebens. Mit meiner Ankunft in Bremen begannen jedoch all meine Hoffnungen wieder aufzublühen, und mein Leben gewann eine neue Bedeutung.
Zunächst war alles oder besser gesagt fast alles, völlig neu für mich. Mit 22 Jahren zum ersten Mal allein in einem anderen Land zu leben, zum ersten Mal so weit weg von meiner Familie zu sein und vielleicht auch zum ersten Mal die volle Verantwortung für mein Leben so tief auf meinen eigenen Schultern zu spüren – all das waren Herausforderungen, mit denen vermutlich alle Freiwilligen konfrontiert sind. Meine Geschichte beinhaltete jedoch noch speziellere Schwierigkeiten, die über das Allgemeine hinausgingen.
Natürlich hatte ich neben den Schwierigkeiten auch viele schöne Tage. Ich muss zugeben, dass dieses eine Jahr vielleicht bedeutungsvoller und wertvoller war als die letzten fünf Jahre meines Lebens. Ehrlich gesagt erinnere ich mich kaum an etwas Besonderes von vor fünf Jahren aber ich bin mir sicher dass dieses Jahr das bedeutendste Jahr meines bisherigen Lebens gewesen sein könnte.
Doch was habe ich nach einem Jahr gewonnen? Zunächst haben meine kommunikativen Fähigkeiten mit Menschen eine ganz neue Dimension erreicht. Bevor ich nach Bremen kam, hatte ich B2-Deutschkenntnisse. Nach sechs Monaten habe ich mein C1-Zertifikat bekommen. Ich kann mit voller Zuversicht sagen, dass ich mir in meinem Arbeitsbereich alle notwendigen Kenntnisse angeeignet und damit einen neuen Beruf erlernt habe. Ich habe gelernt, wirklich auf eigenen Beinen zu stehen. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, verschiedene Kulturen kennenzulernen. Mein Weltbild hat sich erweitert. Ich fühle mich sowohl körperlich als auch psychisch gesünder. Ich habe erkannt, dass Länder Grenzen haben, das reale Leben jedoch grenzenlos ist, und ich habe mein eigenes Potenzial entdeckt.
Wie man vielleicht daran merkt dass meine Sätze nicht immer miteinander verbunden sind, habe ich so vieles gelernt dass es mir schwerfällt, alles aufzuzählen. Vor allem bin ich mir sicher, dass die Fähigkeiten und Gewohnheiten die ich in diesem Jahr erworben habe, in den nächsten Phasen meines Lebens einen unschätzbaren Beitrag leisten werden.
Daher möchte ich in erster Linie mir selbst, aber auch NaturKultur und Kultur Vor Ort – meine tiefe Dankbarkeit aussprechen. Was von diesem Jahr bleibt, sind wertvolle Erfahrungen, wunderbare Menschen, die ich kennenlernen durfte und vor allem Bilder und Videos, die all diese Erinnerungen unvergänglich machen. Ich weiß, dass mein Weg eines Tages wieder hierher führen wird und dass ich dann eines der schönsten Jahre meiner Jugend in den Straßen dieser Stadt in Erinnerung rufen werde.
Danke, libes Leben!
Rafiga Jumshudova.

