Rico in Brüssel, Belgien // 3. Bericht

Hallo, ich bin es wieder: Rico. Diesmal mit meinem nächsten Bericht über mein ESK-Jahr. Das Jahr begann für mich im September bei der Organisation IFOAM Organics Europe in Brüssel. Dieser Verein setzt sich für ökologische Landwirtschaft ein und vertritt den gesamten Bio-Sektor vor den EU-Institutionen. Es ist also ein Mix aus typischer Nicht-Regierungsorganisation und Interessenvertretung.

Die Arbeit bei IFOAM Organics Europe gliedert sich in verschiedene Teams und ich unterstütze während des ESK-Jahres vor allem das Projects & Fundraising Team. In diesem Bericht möchte ich von einer bestimmten Erfahrung erzählen, denn im letzten Monat wartete ein besonderes Highlight auf mich: Jeder Freiwillige bei IFOAM Organics Europe hat die Möglichkeit bis zu zwei Wochen auf einem Bio-Bauernhof in Belgien zu verbringen und dort ökologische Landwirtschaft hautnah zu erleben und viel dabei zu lernen.

Ich als Tierliebhaber und jemand, der noch nie auf einem Bauernhof ausgeholfen hat, freute mich schon seit Beginn meines ESK-Jahres auf diese Erfahrung und konnte es dann kaum erwarten als es endlich los ging. Der Kontakt zum Bauer ist übrigens durch das große Netzwerk von IFOAM Organics Europe zustande gekommen und Freiwillige aus den ESK-Jahren zuvor haben auch schon ihren „Farm-Stay“ auf seinem Hof verbracht. Der Bio-Bauernhof liegt etwa eine Stunde von Brüssel mit dem Zug entfernt, jedoch musste ich vom Bahnhof dann noch etwa 45 Minuten laufen. Der Hof befindet sich nämlich im Nirgendwo, ein Uber oder Bus gibt es also auch nicht. Zum Glück konnte mich der Bauer aber bei der Hälfte der Strecke mit dem Auto einsammeln und wir konnten uns schon genauer kennenlernen. Er lebt mit seiner Frau und seinen vier Söhnen auf dem Bauernhof, den er vor knapp 20 Jahren selbst gestartet hat. Zwar war er zu Beginn noch kein zertifizierter Bio-Bauer, jedoch hat er schon immer ans Tierwohl und die Nachhaltigkeit gedacht. Deswegen hat er auch keinen großen Betrieb, mit knapp 200 Tieren. Und ein klassischer Bauernhof ist es auch nicht, denn neben Kühen und Hühnern hat er auch Hasen, Esel, Pferde, Ziegen und Schafe. Daneben hat er noch drei Hunde, die ausgebildete Schäfer-Hunde sind und auf jedes Kommando hören. Das ist vor allem praktisch, wenn man die Tiere in den Stall oder auf eine andere Weide treiben möchte. Leider war es noch zu kalt und so waren die meisten Tiere noch im Stall und der Bauer plante erst ein paar Wochen später sie auf die Wiesen zu lassen.

Meine Arbeit bestand hauptsächlich daraus mich um die Tiere zu kümmern. Dazu gehörte immer ausreichend Wasser und Fressen bereitzustellen und auch die Ställe, bzw. Käfige zu reinigen. Bei den Kühen musste ich auch jeden Morgen frisches Heu mit der Mistgabel verteilen. Das war ein Haufen Arbeit, aber am zweiten Tag hatte ich den Dreh dann raus. Jedoch war ich immer noch zehn Mal langsamer als der Bauer selbst. Eine Kuh war sogar trächtig. Nur leider hat sie noch ein paar Tage gebraucht und so konnte ich die Geburt nicht miterleben. Eine weitere Aufgabe war es den Gemüsegarten umzugraben und so auf die kommende Saison vorzubereiten. Am besten haben mir die Schafe gefallen. Bei denen mussten wir die neuen Kälber einfangen, damit diese eine Markierung an den Ohren erhalten. Dadurch weiß der Bauer dann, um welches Schaf es sich handelt. Ich war überrascht, wie ruhig die kleinen Schafe dabeiblieben. Beeindruckend war auch zu sehen, wie die Hunde die gesamte Herde trieben. Am Abend hat der Bauer für alle gekocht. Dabei wurde mir schon im Vorhinein von meinen Kollegen in Brüssel erzählt, dass der Bauer für seine Kochkünste bekannt ist. Und so war es auch! Selten habe ich so gut gegessen und vor allem schmeckt das Essen noch besser, wenn man weiß, dass die Tiere ein gutes Leben gehabt haben und auch die anderen Zutaten aus dem heimischen Garten kommen.

Insgesamt hat mir der Aufenthalt auf dem Bauernhof sehr gut gefallen und ich bin dankbar, dass meine Organisation solch eine Erfahrung ermöglicht. Außerdem hat es mir gezeigt was für eine Arbeit dahinter steckt und dass man diese auch würdigen sollte. Jeden Tag muss man da sein und sich um die Tiere und den Hof kümmern. Es gibt immer etwas zu tun, Urlaub ist kaum möglich und die körperliche Belastung ist enorm. Am Ende der Woche war mir dann doch klar, Bauer werde ich lieber nicht. Aber mal wieder auf einem Hof aushelfen, das mache ich gerne!

Rico

 

Rico ist Teil des Projekts „Engage Young Citizens to build Sustainable Food Systems (EYCSFS)“, organisiert durch IFOAM und finanziert durch das Europäische Solidaritätskorps sowie die belgische Nationalagentur JINT.