Langsam aber sicher bahnt sich das Ende meines Freiwilligendienstes an, zwar sind es noch fast drei Monate, aber immer öfter denke ich jetzt schon daran, wie es sein wird nach dieser tollen Zeit hier wieder ins Flugzeug nach Deutschland zu steigen. Das Thema Abschiednehmen war auf unserem Midterm-Seminar im März auch ein großes Thema. In einer Session sollten wir dafür aufschreiben und priorisieren, was wir alles noch in Georgien machen wollen, bevor es wieder zurück in die Heimat geht. Auf dieser Liste kamen wirklich einige Sachen zusammen, an höchster Stelle steht bei mir allerdings ein Armenien-Trip, auf den ich mich besonders freue. Wir haben auch eine Liste dafür erstellt, was wir machen wollen, wenn wir wieder in Deutschland sind. Das hilft mir sehr dabei mich auf die Zeit in Deutschland zu freuen, auf meine Freunde und Familie, das Fahrradfahren, laue Sommerabende und vor allem das Leben während des Studiums. Außerdem habe ich auf dem Midterm-Seminar ganz tolle Freiwillige aus anderen Städten, beziehungsweise auch aus Armenien, kennenlernen dürfen! Mit dieser Gruppe habe ich auch Ostern in Achalziche gefeiert, samt Ostersonntagfrühstück und einer dreistündigen, sehr kompetitiven Ostereiersuche. Da wir schon in der Nähe waren, haben wir auch einen Tagestrip nach Vardzia gemacht, einer riesigen Höhlenstadt in der Nähe zur türkischen und armenischen Grenze.
In Deutschland war ich bei mir in der Stadt im Jugendtheater und hatte in der Schule Darstellendes Spiel, was mir immer viel Spaß gemacht hat. Deshalb lag es nah, dass ich mir als Thema für Workshops eine spielerische Einführung in Theater, besonders die Improvisation, überlegt habe. Dabei war es besonders wichtig die Übungen an die Kinder und deren Wohlbefinden anzupassen, denn nur wenn alle Spaß dabei haben und sich wohl genug fühlen, um aus ihrer Komfortzone herauszukommen, kann man etwas erreichen.
Weiterhin im Feld des Theaters lag meine Hauptbeschäftigung des letzten Monats: Die Vorbereitung für den Trainingskurs über Theatre Education, der in der ersten Maiwoche stattgefunden hat. Das bedeutete vor allem die teils anstrengende und nervenaufreibende Suche nach passenden Teilnehmenden, gaaanz viele E-Mails schreiben und noch mehr Excel-Tabellen erstellen. Aber der Aufwand hat sich gelohnt, denn das Projekt in Rustavi war sehr gelungen. Neben meiner organisatorischen Rolle war ich dieses Mal auch als Teilnehmerin dabei, was echt bereichernd war. Bevor ich meinen ESC begonnen habe, wusste ich nichts über die vielen Möglichkeiten, die Erasmus+, besonders im Hinblick auf Trainingskurse und Jugendbegegnungen, bietet. Auch nach dem Ende meines Dienstes möchte ich unbedingt an mehr Projekten teilnehmen, weil man jedes Mal interessante Menschen von überallher kennenlernt und in einem nonformalen Umfeld neues über die verschiedensten Themen lernen kann. Höhepunkt des Projektes waren für mich drei Street Performances, die wir die Tage zuvor zu den Themenfeldern Umwelt, Stereotype und Diskriminierung erarbeitet haben und in Rustavi aufgeführt haben. Mitte August wird in Deutschland die zweite Phase des Projektes stattfinden, also dieselbe Gruppe wird noch einmal zusammenkommen und etwas gemeinsam erarbeiten. Dieses Projekt wird dann für mich auch der Abschluss meines Auslandjahres sein. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit, nun beginnt die Implementationsphase des Projektes, als der Part in dem man das Gelernte nutzt, um lokale Aktivitäten zu organisieren. Wir als georgische Team organisieren zwei Events über Forum Theatre. Es ist eine Form des interaktiven Theaters, das zum Ziel hat, Theater für alle erreichbar zu machen – als Mittel des Dialogs und um die soziale Realität zu verändern mittels eines pädagogisch-politischen Ansatzes. Es soll eine benachteiligte Gruppe dazu befähigen, die eigenen Interessen und Ziele zu formulieren und für diese einzustehen. Es soll der Bewusstseinsbildung und Friedensförderung dienen sowie Sensibilisierung für soziale Konflikte schaffen und verschiedene Sichtweisen von Konflikten sichtbar machen. Dabei wird die Grenze zwischen dem Publikum und der Bühne aufgelöst.
Außerdem habe ich wieder am ESC-Caravan teilgenommen, so nennen wir es, wenn wir in den ländlichen Raum Georgiens fahren und dort an Schulen oder in Jugendzentren über Erasmus+, beziehungsweise den ESC erzählen und nonformale Bildungsaktivitäten vorstellen. Für Kinder und Jugendliche sind die Möglichkeiten in diesen Regionen sehr beschränkt und Programme, die kein Geld kosten, eröffnen viele Chancen.
Ein absoluter Höhepunkt war für mich der Besuch einer georgischen Tanzshow vom Staatsballett. Von Supras oder sonstigen Feierlichkeiten kannte ich schon georgische Tänze, aber in der Show wurden verschiedene Tänze aus den unterschiedlichen Regionen Georgiens gezeigt und mit modernen Elementen gemischt. Das Publikum hat mit den TänzerInnen interagiert, während der Show angefeuert, geklatscht oder gepfiffen, was in einer deutschen Vorstellung des Staatsballett ja undenkbar wäre. Genauso gut fand ich das Konzert von der georgischen Indie Band Bedford Falls auf dem ich letztes Wochenende war. Ich freue mich schon auf das nächste Mal, wenn ich sie live sehen kann, denn sie kommen auch zum diesjährigen dreitägigen Tbilisi Open-Air Festival, für das wir uns Karten gekauft haben!
Malin
Malin verbringt ihren Freiwilligendienst in der Youth Association DRONI, ihr Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union.