Louisa in Blanes, Spanien // 3. Bericht

HOLAA BEBEEEES!

Ist definitiv meine neue Lieblingsbegrüßungsfloskel hier geworden. Es ist Donnerstag Morgen, Mia und ich laufen einmal quer durch den Garten, um alle Vogelhäuser  wieder aufzufüllen und jede Begegnung mit den Gärtnern und Mitarbeitenden macht einfach gute Laune. Hier ein Bondía von Pablo, da eine kurze Unterhaltung mit Jordi, über seine neue Vogelbestimmungsapp, da eine Sylvia, die uns aus ihrem Madrid Urlaub Bonbons mitgebracht hat und als Highlight natürlich Ivan und Iker im dritten Garten. Sobald wir hinter dem Rosmarinbusch hervorkommen, wird von beiden Seiten HOLA BEBEEES geschrien und gute Laune ist einfach vorprogrammiert. Ich habe die Menschen hier im Garten und ihre aufmerksame Art schon so ins Herz geschlossen, dass ich jetzt schon traurig auf Juli schaue, wo ich das alles hinter mir lassen muss. Ein Ereignis hier im Garten, was genau diese unglaublich schöne Stimmung zwischen den Mitarbeitenden und die Kultur hier für mich beschreibt, war die Calçotada im Februar. Calçotada ist eine typisch katalanische Winteraktion und alle im Garten waren unglaublich vorfreudig, sie  Mia und mir näherzubringen. Es wurden Unmengen an dicken Lauchzwiebeln gekauft (die Calçots). Die dann alle hintereinander auf eine Schnur gefädelt wurden. Was natürlich schon wieder nicht ohne einen Spaß von Ventura oder Javi geht, die sich die aufgefädelten Calçots dann erstmal als Rock um die Hüfte binden. Dann werden die Frühlingszwiebeln auf den Grill gelegt, aber nicht wie bei uns in Deutschland über glühenden Kohlen gegrillt, sondern große lodernde Flammen sorgen dafür, dass die Calçots komplett schwarz von außen werden. Dann gibt es eine ganz bestimmte Technik, die äußerste, komplett verrußte Schicht der Frühlingszwiebel abzuziehen, sodass man nur noch die leckere, ganz weiche Zwiebel übrig hat. Diese bestimmte Technik wird einem in Katalonien natürlich von Kind auf beigebracht, weshalb alle unbedingt den unwissenden deutschen Freiwilligen ihre eigenen Tipps und Tricks mitgeben wollten. Mein persönliches Highlight dieser Tradition ist aber die Art, wie man sie dann isst. Die Zwiebeln sind natürlich ganz labberig und weich. Man dippt sie dann noch in eine leckere (vegane!) Calçot Soße, legt seinen Kopf in den Nacken und flößt sie sich dann quasi von oben in den Mund ein, also eine in Deutschland vielleicht eher als unappetitlich bezeichnete Art zu essen. Aber genau dieses Bild, wie all die tollen Menschen die ich im Garten kennengelernt habe um komplett verkohlte Zwiebeln und einen improvisierten Grill stehen laut lachen Späße machen und Calçots essen, auf eine Art und Weise wie man sich vorstellt wie ein Vogel einen Wurm ist in den Mund schlürfen würde, das geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.

Ein absolutes Highlight für mich war außerdem am 8. März die Demo zum internationalen feministischen Kampftag. Mit 60.000 Menschen war ich in Barcelona auf der Straße und mit kleinen Fackeln und den spanischen und lateinamerikanischen Protestliedern war die Stimmung ganz besonders und nochmal total anders als ich sie aus Deutschland kannte. Außerdem war ich auch ein bisschen stolz auf mich, dass ich jetzt hier vor Ort meinen Bekanntenkreis schon so ausgeweitet hatte, dass ich mit einer Gruppe aus ausschließlich spanischen Menschen auf der Demo war und mich endlich mal so richtig untourihaft gefühlt habe, hehe.

Eine Woche später hatte ich dann meine Theateraufführung, was auch total aufregend war. Seit Ende Januar hatte ich bei einem Theaterkurs von einem Jugendzentrum in Blanes teilgenommen und wir haben das Andalusische Theaterstück Bodas del sangre (Bluthochzeit) von Federico Garcia Lorca aufgeführt. Dass ich den Theaterkurs auf spanisch überhaupt durchgezogen habe liegt aber auch nur an den unglaublich lieben Menschen in dieser Theatergruppe, die extra für mich die Proben auf Spanisch statt auf Katalanisch gemacht haben und immer total rücksichtsvoll waren, wenn ich mal etwas nicht verstanden habe. In den letzten Stunden vor der Aufführung waren alle unglaublich aufgeregt und die Theaterlehrerin hat dann einfach jedem von uns einen kleinen ganz persönlichen Brief gegeben, in dem sie ihr Herz ausgeschüttet hat. Das hat die ganze Gruppe zum Weinen gebracht und es war ein so schöner intimer und emotionaler Moment, wie ich ihn selten erlebt habe. Dann musste aber schnell die Theaterschminke gerichtet werden und die Aufführung ging los. Ich hatte eine ziemlich kleine Rolle, worüber ich auch echt froh war. Denn ich glaube mehr hätte ich auf einer Fremdsprache auch nicht hinbekommen. Aber auch nur die wenigen Szenen, die ich hatte, zu spielen und die Menschen kennenzulernen, hat mir gezeigt, dass es die anfängliche Überwindungsarbeit, an dem Kurs teilzunehmen definitiv wert war.

Ansonsten habe ich noch ein bisschen Urlaubstage verbraucht und bin Mitte März als mein Freund zu Besuch war mit ihm zusammen nach Valencia gefahren, wo wir mit geliehenen Fahrrädern die grüne Stadt erkundet haben und mit dem möglichen Landschaftsarchitekturstudium nächstes Jahr im Kopf bin in der modernen Park- und Spielplatzgestaltung dort total aufgegangen. In Valencia haben wir außerdem ein sehr interessant aussehendes Glasgebäude mit ganz vielen Pflanzen entdeckt was wir uns dann von innen anschauen wollten und sind so, dann mehr oder weniger aus Versehen in ein zweistündiges Orgelkonzert reingestolpert was aber auch durchaus sehr unterhaltsam war.

Ende März habe ich dann mit Mia noch 5 Tage Andalusien mitgenommen. Hier im Garten wurde uns zwar gesagt : “Andalusien? Hoffentlich habt ihr genug T-shirts und Sonnencreme eingepackt“, aber wir haben leider eine ziemlich verregnete Woche in Sevilla und Cordoba erwischt. Trotzdem haben wir das beste draus gemacht und am letzten Tag hatten wir nochmal richtig Sonnenschein. Wir haben dann eine Wanderung in der Nähe von Cordoba gemacht, leider aber vergessen, dass das nach drei Tagen Regen vielleicht nicht die allerbeste Idee ist. Unser  Wanderweg sah nämlich durch die vielen Wassermassen teilweise eher wie ein kleiner Bach aus den wir hochwandern sollten. Wir haben uns dann aber dazu entschieden, einfach die Schuhe auszuziehen und trotzdem weiterzulaufen. Letztendlich hatten wir dann quasi einen sehr langen Barfußpfad mit ein paar Abkühlungen zwischendurch.  Auf einer idyllischen Blumenwiese haben wir dann auch nochmal Pause gemacht und unser eigenes kleines Oster Picknick ausgepackt. Dann haben wir uns gegenseitig Schokoladeneier zwischen Olivenbäumen und Rosmarinsträuchern versteckt. Also mal ein ganz anderes Ostern als wir es sonst so kannten;)

Louisa verbringt ihren Freiwilligendienst bei Carl Faust Foundation im Botanischen Garten Marimurtra. Ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.