Jana in Tbilisi, Georgien // 2. Bericht

Nachdem ich drei Wochen in Deutschland bei meiner Familie und meinen Freunden in Münster verbracht habe, war ich mit dem Schreiben dieses Berichts überfordert. Es ist Januar und ich bleibe nur noch sieben weitere Monate hier. Mittlerweile bin ich schon im vierten Monat meines Freiwilligendienstes in Tbilisi, Georgien. Ich bin zwiegespalten, ob ich diese Monate als lange Zeit oder als kurz empfunden habe. Die kurze Zeit wieder zuhause verbracht zu haben fühlt sich, nachmeinen bisherigen Erlebnissen, sehr surreal an. Durch die große Entfernung und die sentimentale Luft der Weihnachtszeit habe ich viel darüber nachgedacht, was ich denn eigentlich schon geschafft habe und was ich noch während meiner Zeit in Tbilisi erreichen und/oder ausprobieren will.

Mittlerweile habe ich mich in Tbilisi eingelebt, ich kenne meinen Arbeitsplatz gut und habe auch neue, internationale Freundschaften im Office und außerhalb geschlossen! Für mich ist es ebenfalls immer ein großer Meilenstein, wenn ich nicht für jede einzelne Straße oder Sehenswürdigkeit eine Navigation rausholen muss. Das auf Georgisch Antworten und Schreiben fühlt sich natürlicher an und es rutschen auch teilweise georgische Wörter und Phrasen aus im Alltag. An die Kultur und das Essen gewöhnt man sich auch langsam. Letztens, als ich mit meinen Mitbewohnerinnen Essen bestellen wollte, kannte eine der Freiwilligen chinesische Baos (eine gedämpfte, gefüllte Teigtasche, die auf einigen Bildern einem belegten Brötchen ähnelt) nicht. Wir haben versucht, es ihr mit Hilfe von Google Bildern zu erklären. Doch als Antwort kam nur: „Ist das nicht einfach Lobiani (ein traditionelles georgisches Gericht aus mit Bohnen gefüllten Brot)?“ Vor einigen Monaten haben wir im Gegenteil dazu noch Imeruli Khachapuri bestellt und es mit „Ist das nicht einfach Pizza?“ kommentiert.

Vom Reisen werde ich nie satt. Obwohl Georgien ein kleines Land ist, findet man Schönheit und Unberührtes überall. Es ist ein tolles Gefühl, verschiedene Orte im Reiseführer als “gesehen” abgehakt zu haben. Obwohl ich am Anfang dachte, dass man wahrscheinlich in einem Jahr mehr oder weniger alles von Georgien gesehen haben sollte, kann ich mittlerweile sagen, dass ich sicherlich nicht alles sehen werde. Seit meinem letzten Bericht im November, habe ich die Regionen Kazbegi, Kakheti und Shida Kartli erkundet, um genauer zu sein die Städte Gori, Gudauri, Steppantsminda, Sighnaghi, Lagodekhi, Telavi und Kleines drumherum. Jedes Mal bin ich erstaunt davon, wie divers die Natur und selbst Georgien ist. Alle drei Regionen hatten eine eigene Einzigartigkeit und haben mir dabei geholfen einen tieferen Einblick in die vielen Fassaden dieses Landes zu bekommen.

Kakheti habe ich mit einem Freund während unseres Urlaubs besucht. Wir sind von Ort zu Ort gereist und sind ebenfalls an einigen Stellen aus der Marshrutka ausgestiegen um noch ein Kloster oder eine alte Kirche im nirgendwo anzusehen. Kakheti ist eine echt wunderschöne Region, die die Herbst Saison perfekt verkörpert! Es ist immer wieder toll aus der Großstadt rauszukommen und das ländliche Leben mitzubekommen. Die Region ist so riesig, dass ich auch immer nochmal gerne andere Orte dort erkunden würde!

Kurz vor der Weihnachtszeit war ich mit einer kleinen Gruppe an Freiwilligen in Gudauri, dem Ski Resort und in Steppantsminda, eine Stadt mit toller Aussicht auf den Kazbek. Wir haben uns für ein paar Tage in ein Hotel neben einer Skipiste verkrochen, um die Weihnachtszeit in ihrer vollen Pracht zu genießen und uns am Wintersport zu begnügen. Meine Freunde daheim waren echt neidisch auf dieses Vergnügen. Vor allem, weil es so preiswert ist und man den Anblick von Schnee in meiner Heimatstadt kaum kennt. Wir haben aber nicht so viel Glück gehabt, sodass wir nicht Skifahren konnten. Die Zeit dort haben wir trotzdem sinnvoll genutzt. Solange man einen Freiwilligendienst im Ausland macht, sollte man jede Gelegenheit und Chance nutzen, neue Erfahrungen zu machen und Neues auszuprobieren. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wegen des ESCs und des On Arrival Trainings habe ich viele andere ESC Teilnehmer kennengelernt! Es ist echt schön, wenn man sich gegenseitig besuchen kann! Ich habe ein Wochenende bei anderen deutschen Freiwilligen in Gori verbracht, mit denen ich mich mittlerweile gut angefreundet habe. Zusammen haben wir Goris Sehenswürdigkeiten besichtigt sowie auch Uplistsikhe erklommen. Uplistsikhe hatte mich echt umgehauen! Es ist eine uralte, große Höhlenstadt, die man mit Eintritt besteigen kann. Ich fand es toll, wie viel Freiheit man dort hatte und wie man wirklich in jede einzelne Höhle reingehen durfte. Sowas sollte man sich auf keinen Fall nicht entgehen lassen.

Durch meine Organisation Droni hatte ich auch die Möglichkeit Deutschland bei einem Projekt zum Thema „Jugend Beteiligung (Youth Participation)“ zu repräsentieren. Das Seminar wurde in der Nähe von Batumi gehalten, sodass ich auch endlich die zweitgrößte Stadt Georgiens besuchen konnte! Ich habe viele Sehenswürdigkeiten dort gesehen und war auch viel am Strand. Besondershatte es mir gefallen „Ali und Nino“ zu sehen. Leider konnte ich nicht den berühmten botanischen Garten besuchen, aber das nehme ich mir unbedingt noch vor. Ich habe das Programm genossen und fand die Kombination aus Seminar und Free Time sehr ausgewogen. Während dieses Seminars, konnte ich mehr georgische Freundschaften knüpfen und das Leben georgischer Studenten sehen.

Es macht einen großen Unterschied, wenn man selbst eine Stadt erkundigt oder von Locals geführt wird. Nach dem Seminar erspüre ich größere Freude auf die Zukunft sowie auch die kommenden Projekte/Seminare/…!

Ich muss jedoch gestehen, dass ich nicht komplett aus meiner Komfortzone raus bin. Ich verstehe zwar, dass ich mich beim Freiwilligendienst mehr trauen sollte und es kein richtig oder falsch gibt, aber es fällt mir manchmal schwer meine Interessen zu verteidigen. Ich habe oft das gemacht, was mir von anderen aufgegeben wurde und konnte nicht sehr viel an meinem eigenen Projekt arbeiten, was eigentlich sehr schade ist. Die anderen Freiwilligen haben mich motiviert, Sachen in meine eigene Hand zu nehmen! Ich habe im Dezember meinen ersten Artikel geschrieben und arbeite momentan auch an meinem eigenen Projekt. Ich bin sehr, sehr gespannt was daraus wird! Schließlich will ich selbst etwas unternehmen und die Möglichkeit ausnutzen, eigene Projekte und Ideen zu visualisieren und zu realisieren. Weil ich aus dem schulischen Alltag nicht an so etwas gewöhnt bin, fiel es mir schwer zu dieser Denkweise zu kommen. Ich bin auch dem On-Arrival- Training dankbar, da sie mir neue, hilfreiche Methoden für den Umgang mit Konfliktsituationen gezeigt haben und es generell viele gute Tipps gab.

Meine „New Years resolution“ für das Jahr 2023 beinhaltet also: offener meine Meinung zu sagen, an Projekten teilzunehmen um internationale Freundschaften zu schließen und Kontakte zu knüpfen, Sachen zu tun, die mich wirklich interessieren und mich noch aktiver bei meiner Arbeitsstelle zu involvieren. Da ich bei einer Online Redaktion arbeite und bis jetzt viel mit Photoshop und Videomontage gearbeitet habe, will ich mich mehr dem Schreiben widmen. Ich habe vor mich mit meinem Projektideen durchzusetzen. Journalismus ist etwas was mich sehr interessiert, weshalb ich in dem Bereich auch meine Fähigkeiten ausbessern will. Ich erhoffe mir viel Inspiration beim Schreiben und Kreativität bei der Suche einer Story! Ich setze mir für das neue klare Ziele und hoffe diese auch erreichen zu können.

Bis zum nächsten Mal!

Jana

Jana verbringt ihren ESK Freiwilligendienst bei GoGroup und Youth Association DRONI, ihr Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union.