Hanna und Anne in Miercurea Ciuc, Rumänien // Abschlussbericht

Es war ein früher Morgen im März, als wir zu sechst in einem überfüllten Zugabteil saßen, auf dem Weg nach Cluj. Noch müde und etwas erkältet, aber voller Vorfreude, fuhren wir los – unser erster Ausflug nach einer anstrengenden Krankheitswelle. Wir lachten, spielten Karten und trotzten dem schlechten Wetter, während wir merkten, wie sehr wir in den letzten Monaten zusammengewachsen waren. Mit ein paar übrig gebliebenen Urlaubstagen im Gepäck, die uns noch einmal fast eine ganze Woche freigaben, nutzten wir die Zeit, um Dinge zu erleben, die wir bisher nicht geschafft hatten. Eine Massage gehörte genauso dazu wie ein Besuch im Tierheim. Am Wochenende feierten wir Hannas Geburtstag mit einem Ausritt, das erste Mal für Anne. Und dann, während der Osterfeiertage, fuhren wir nach Brașov und machten einen Abstecher zum berühmten Peleș-Schloss. Ein weiterer Höhepunkt war, als Hanna an einer traditionellen Osterzeremonie teilnahm – Bepackt mit Schokobrötchen stellte sie sich auf dem Hauptplatz zu den Einheimischen und ließ sich ihr Essen segnen. Doch das war noch nicht alles: Direkt am nächsten Tag begab sie sich auf eine Wanderung zum „Lonely Rock“, während Anne, noch angeschlagen, nicht mitkommen konnte. Die letzte Woche brach an, und zusammen mit einer Kollegin setzten wir uns in das Café neben unserer Unterkunft, um uns von unseren Mentoren zu verabschieden. Am vorletzten Abend schließlich machten wir noch einen spontanen Abstecher zu einem Just Dance-Event – ein überraschender, aber unvergesslicher Spaß.

Heute, fünf Monate nach unserem letzten Blogpost und kurz vor dem Abschied, ist es Zeit, auf die gesamte Projektzeit zurückzublicken. Acht Monate Freiwilligendienst liegen hinter uns – mit Höhen, Tiefen und jeder Menge Erfahrungen, die wir nicht missen möchten.

Warum ESC?

Wir wollten raus, etwas Sinnvolles tun, Europa aus einer anderen Perspektive erleben – und mit dem Europäischen Solidaritätskorps (ESC) fanden wir dafür den idealen Rahmen. Unterkunft, Versicherung, Sprachkurse, Mentor*innen, Reisekostenerstattung – das ESC bietet alles, was man braucht, um sich ganz auf das Projekt, die Umgebung und die persönliche Entwicklung zu konzentrieren.

Unsere Entscheidung war weniger ortsbezogen – Rumänien war für viele von uns ein unbeschriebenes Blatt. Doch genau das machte es spannend. Heute wissen wir: Besser hätte es nicht passen können. Rumänien hat wunderschöne Natur, von den Bergen bis zu den Flüssen, und hält viele Traditionen am Leben, die in Festen und Handwerk sichtbar sind.

Von Anfangschaos zu Alltagsheld*innen – „wir damals“ vs. „wir heute“

Im Herbst brauchten wir noch Google Translate, um im Supermarkt zurechtzukommen. Jetzt erklären wir Tourist*innen, wie sie zum Bahnhof kommen. Anfangs waren wir schüchtern, zurückhaltend, und mussten uns in neue Strukturen einfinden. Heute leiten wir Sprachclubs, moderieren Quizabende und sprechen über Konfliktmanagement wie Profis.

Die letzten zwei Monate haben uns besonders geprägt. Nach einem mental herausfordernden Winter kam mit dem Frühling ein neuer Energieschub. Der März brachte nicht nur Sonne, sondern auch neue Begegnungen: Kurzzeitfreiwillige aus Hongkong, den Niederlanden oder Deutschland, die frischen Wind in unseren Alltag brachten. Gleichzeitig war da dieses leise Gefühl: Es geht dem Ende zu.

Unsere schönsten Erlebnisse

Schönste Erinnerung? Schwer zu sagen – es gab so viele. Wir haben die letzten acht Monate wirklich gut genutzt und gefüllt. Die Reisen waren super, aber auch alles, was wir hier in Miercurea Ciuc erlebt haben. Die Reise nach Cluj mit Museumsbesuch, Spielabenden und überraschend sonnigem Friedhofsspaziergang. Das Midterm Training, wo wir so viele neue Leute kennengelernt und den Luxus eines eigenen Zimmers hatten. Weihnachten und Oder unser letzter Spieleabend, bei dem wir ein neues Lieblingsspiel entdeckten. Doch auch unser letzter Urlaub mit fast allen Freiwilligen und das spontane Just Dance Event am Vorabend werden uns im Gedächtnis bleiben.

Auch unser Interkultureller Abend bleibt unvergesslich – nicht nur, weil wir unsere Region präsentieren durften, sondern auch, weil wir gelernt haben, wie gut es tut, die eigene Herkunft bewusst zu reflektieren.

Und natürlich: die Menschen. Unsere Mitfreiwilligen, mit denen wir Alltägliches in kleine Abenteuer verwandelt haben. Ohne sie wären viele Momente nur halb so besonders gewesen.

Drei Dinge, die wir gelernt haben

  1. Struktur geben: Wir haben gelernt, unsere Zeit selbst einzuteilen – Meetings zu koordinieren, Veranstaltungen vorzubereiten und uns gegenseitig zu organisieren.
  2. Konflikte aushalten und lösen: Dank Trainings und vieler Gespräche können wir besser kommunizieren – auch über unangenehme Dinge.
  3. Neugier bewahren: Durch Workshops, Reisen, kulturelle Begegnungen – wir haben gelernt, Fragen zu stellen, zuzuhören und unseren Horizont zu erweitern.

Was war top – und was eher nicht?

Besonders mochten wir die kreative Freiheit im Projekt: Improvisationstheater, Quizgestaltung, Sprachclubthemen, Lagerräume neu planen – all das hat uns motiviert. Auch der Austausch mit Locals war bereichernd.

Weniger angenehm? Abendtermine. Sprachclubs und Quizabende fanden meist nach 18 Uhr statt, oft waren wir müde oder mussten vorher noch viele andere Aufgaben erledigen. Klar, die Stimmung war meist gut – aber unser Energielevel nicht immer. Trotzdem: Am Ende hat sich jede Veranstaltung gelohnt.

Wie hat uns das verändert?

Wir gehen anders durchs Leben. Selbstbewusster. Strukturiert. Und gleichzeitig offener für das, was wir nicht kontrollieren können. Wir wissen jetzt, dass wir uns auf uns selbst verlassen können – aber auch darauf, dass andere da sind, wenn es schwierig wird.

Einige von uns haben durch das Projekt berufliche Perspektiven entdeckt, andere wissen jetzt, was sie definitiv nicht machen wollen. Und fast alle haben Freundschaften geschlossen, die auch nach dem ESC bleiben werden.

Würden wir’s weiterempfehlen?

Auf jeden Fall. ESC ist kein Urlaub – es ist Leben in Echtzeit. Mit Höhen und Tiefen. Mit Frust und Euphorie. Mit Erinnerungen, die einen lange begleiten. Wer Lust hat, Verantwortung zu übernehmen, sich weiterzuentwickeln und Europa im Kleinen zu gestalten, ist hier richtig.

Unsere letzten drei Monate waren geprägt von Abschieden, neuen Aufbrüchen, tieferem Verständnis für uns selbst – und einer Prise Wehmut. Aber das gehört dazu.

Denn wer wirklich angekommen ist, spürt auch, wenn es Zeit ist, zu gehen.


Hanna and Anna verbringen ihren Freiwilligendienst bei Care2Travel, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.

Wenn du etwas Ähnliches wie Hanna und Anne erleben möchtest, schau dir unsere Calls hier an.