Gesine in Miercurea Ciuc, Rumänien // Abschlussbericht

Ich kann mich genau daran erinnern wie ich am 1. Oktober 2023 am Hamburger Flughafen ins Flugzeug gestiegen und in mein bisher größtes Abenteuer geflogen bin. Einen Augenschlag später soll ich schon meinen allerletzten Post schreiben. Die Zeit ist wie im Flug vergangen und ganze sieben Monate später, am 1. Mai 2024 habe ich meinen letzten Tag hier in dieser Stadt.

In der Stadt, die mein place to be geworden ist. Die Stadt, in der ich jeden Stein und jeden Baum kenne, die ich Zuhause nenne und wo mein Leben sich befindet.

Ich habe die wohl besten Zimmermitbewohnerin bekommen, was ich nicht mal hätte zu träumen vermag. Vom ersten Tag an, Quiz Night im Café Palermo mit jeweils einem Aperol Spritz bitte, waren wir das unschlagbare Duo. Gut, bei der ersten Quiz Night haben wir mit Abstand den letzten Platz belegt, das lag aber nur an dem Jackenständer, welcher uns die Sicht auf den Monitor versperrte und eventuell an unseren gleichermaßen miserablen Englischkenntnissen.

Rückblickend kann ich sagen Candice ist mein größter Gewinn. Sie ist mehr als nur meine Mitbewohnerin oder Teampartnerin, sie ist meine bessere Hälfte und beste Freundin geworden. Doch nicht nur sie hat die Zeit hier zu etwas ganz besonderem gemacht. Ich glaube die Magie eines Freiwilligenprojektes liegt in all den vielen verschiedenen Menschen, die man treffen darf. All die einst fremden Gesichter sind zu meinen liebsten Freunden geworden. Obwohl die Unterschiede von außen gesehen kaum größer hätte sein können, waren wir ein Team. Zusammen gegen den Rest der Welt. Zusammen kochen, feiern, Spiele spielen, Karaoke singen, kickern, Billiard spielen, reisen, arbeiten und wohnen. Dabei noch viel mehr quatschen, lachen und tanzen! Ich lag auf dem Boden vor Lachen, wir haben stundenlang bis tief in die Nacht Geschichten erzählt, haben eigene Lieder komponiert und Tanzchoreografien einstudiert. 

In verschiedensten Gruppenkonstellationen sind wir viel gereist. Motiviert und neugierig wollte ich jede Ecke dieses Landes erkunden. Dabei wurde ich verzaubert von Rumäniens wunderschöner, unberührter Natur und den vielen sehr unterschiedlichen Städten. Cluj Napoca ist meine Lieblingsstadt und da meine erste größere Reise in diese zu meinem absoluten Lieblingsmoment gehört, bin ich gleich noch einmal ein zweites Mal hingefahren. Die Pasta Bar gegenüber vom jüdischen Museum ist wohl das beste Restaurant in dem ich jemals war, sodass ich an fünf Tagen dort fünf Mal die gleiche Lasagne gegessen habe. Sibiu war aufgrund seiner deutschen Vergangenheit für mich gleich doppelt interessant und entpuppte sich als das pure Leben, in Sighișoara  sehen alle Männer aus wie Dracula, Übersetze den folgenden Text Ü, Gleiches gilt für Bukarest, was zwar seine schönen Seiten hat, besonders nach einer gemütlichen Nacht im eigenem Hotelzimmer und anschließenden Nutellawaffeln zum Frühstück, jedoch für meinen Geschmack zu groß, zu voll und zu grau ist, dagegen ist Timișoara mäuschenstill und in der wunderschönen Altstadt fühlt man sich schnell underdressed im Vergleich zu all den schick angezogenen Menschen in Stiefeln, Mantel und Hut, Sinaia hat das beste Ski Gebiet und beim Wandern mussten meine Weggefährten lernen auf mich zu lernen. Ein Team ist immer nur so schnell wie sein schwächstes Glied oder wie war das? Naja, beim Erreichen des letzten Hügels haben es sich alle Anderen schon in der obigen Hütte gemütlich gemacht. Während meiner Zeit hier wurde ich des Öfteren mit der Schnelligkeit eines Faultieres verglichen…  Rumänien verlassen habe ich für eine Woche um einen Abstecher nach Istanbul zu machen, eine abenteuerliche Busfahrt mit 7 Stunden Verspätung, ein nicht vorhandenes Hotelzimmer und Toms eisiger Wille nach den besten Designer Schnäppchen in den verwinkelsten Kellern haben auch diese Tage zu einem Abenteuer werden lassen.

Zwischen all meinen Städtetrips und Naturerkundungen, bei denen ich den aus meinem Zimmerfenster zu sehenden Berg Csíksomlyó und dem Saint Anna Lake für Bärenbegegnungen wärmstens empfehlen möchte, war meine Haupttätigkeit hier mein Freiwilligenprojekt.

Ein täglicher Stundenplan mit meinen fünf After School Clubs hat immer wieder für eine feste Struktur gesorgt. All diese unterschiedlichen Kinder habe ich ins Herz geschlossen. Okay, ich muss zugeben, ich hatte Lieblinge. Die dritte Gruppe in Csicsó steht unbestritten an der Spitze, den meisten Spaß hatte ich in Bánkfalva und mein Herz gehört Csatószeg und Szilat aus Delne. Danke, dass ich euch alle begleiten durfte! Ich hoffe ihr wachst auf zu den aller stärksten, schlausten und schönsten Menschen – vom Herzen wünsche ich jedem von euch das Beste!

Auch ich habe mich entwickelt, nicht nur, dass Candice und ich dank unserer Kunst das beste Team zusammenzustellen ganze drei Mal die Quiz Night gewonnen haben, sich mein Englisch von Klick-Geräuschen und passend wilden Gestiken zu echten Unterhaltungen entwickelt hat, sondern habe ich auch ein neues Gefühl der Zusammengehörigkeit gelernt. Es ist egal, wo du her kommst, wie du aufgewachsen bist oder wie alt du bist, wir haben alle die gleichen Gedanken, Gefühle, Träume, Wünsche, Bedürfnisse und Interessen.  Wir sind uns so viel ähnlicher als ich gedacht habe, wir brauchen einander und sollten zusammen arbeiten um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Die Menschen sollten sich gegenseitig mehr zuhören, aufeinander achten, voneinader lernen, unsere Erde schützen und vor allem sich selbst nicht vergessen.

Ich bin mehr als dankbar für all die kleinen und großen Gespräche, die ich mit all diesen wunderschönen Menschen hier führen durfte. Ich durfte so viel von mir teilen, Geschichten und inspirierender Worte anderer zuhören, ihre Kulturen und neue Perspektiven kennenlernen. Ich fühle mich gestärkt in mich selbst und erkenne jetzt, dass ich ein Part dieser weltlichen Gesellschaft bin.

Für mich ist es soweit dieses Kapitel zu schließen. Eine Zeit, welche niemand sonst nachvollziehen kann oder sich so wiederholen lässt. Das war mein Abenteuer, mein Leben, mein Geheimnis und nur meine Erinnerung. Ich hoffe, ich konnte euch wenigstens einen kleinen Einblick schenken und falls ihr die Chance auf ein Abenteuer wie dieses bekommt, dann greift zu!

Ich gehe nach Hause mit einem Herzen voller Liebe, unzähligen Momenten und den besten und schönsten Freunden auf der ganzen Welt verteilt.

Es ist kein Lebewohl, es ist ein bis bald!
~ Gesine

Gesine verbrachte ihren Freiwilligendienst bei Care2Travel, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.