Alexandra in Miercurea Ciuc, Rumänien // Abschlussbericht

36 Stunden hatte ich Zeit, um Abschied von den Freunden, die ich während meines Projekts in Rumänien kennenlernen durfte, und Abschied von meinem Zuhause, in dem ich acht Monate lang gelebt habe, zu nehmen.

Selbst als mich meine engsten Freunde in der tiefsten Nacht zum Bahnhof begleitet haben, habe ich meine Lage noch gar nicht verarbeiten können. Auch nicht, als ich bereits zwei von ihnen am Gleis verabschieden musste, die anderen zwei mit mir im Zug.

Noch fühlte sich die ganze Situation surreal an, als würden wir einen unserer vielen Ausflüge an die verschiedensten Orte in Rumänien machen, doch als ich dann im frühen Morgen im Bus saß, den letzten Freunden unter Tränen zugewinkt habe, ging alles plötzlich ganz schnell. 

Dahin verschwanden die 8 Monate, die jetzt nur noch rückblickend als Erinnerungen verbleiben, aber dafür als eine der schönsten Erfahrungen in meinem Leben für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden.

Als ich im Februar 2023 die Entscheidung getroffen habe, ein Angebot des ESK-Programms in Rumänien anzunehmen, wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Noch weniger war ich darauf vorbereitet, alleine in ein fremdes Land zu ziehen und dort als Freiwillige zu arbeiten. Heute würde ich keine Sekunde zögern, es nochmal zu tun.

Ich wollte jede Möglichkeit ausschöpfen, die mir bot, ins Ausland zu gehen, aber die meisten Angebote, von denen ich wusste, hätten selbst finanziert werden müssen und das legte mir ein großes Hindernis in den Weg.

Einzig durch die Nachricht, die meine Freundin eines Tages schickte, wurde ich auf die Seite meiner Sendeorganisation geführt und lernte von den Projekten des ESK. Von dem einen Moment auf den anderen öffneten sich mir alle Türen, um aus meiner Komfortzone herauszukommen und eine Pause einzulegen, bevor ich arbeiten oder studieren würde.

Die letzten Monate vor meiner Abreise waren vermutlich gleichzeitig die wirkungsvollste Zeit in meiner persönlichen Entwicklung als auch ein Beweis für die Ergebnisse meines Lernprozesses.

Begonnen hat es mit der Mid-Term Evaluation im Januar, für die Greta und ich sowie weitere Freiwillige unserer Organisation nach Bukarest reisen und dort drei Tage bleiben durften. Nach einer längeren Tiefphase über die dunkle Jahreszeit war eine Abwechslung zum Alltag genau das, was ich gebraucht habe.

Die drei Tage waren gefüllt mit Begegnungen mit anderen Freiwilligen aus ganz Europa, spannenden Seminaren zu unterschiedlichen Themen, die mir es ermöglicht haben, auf meine bisherige Zeit in Rumänien zurückzublicken, und nächtliche Ausflüge in die Innenstadt.

Ich bin dankbar dafür, dass ich während dieser Zeit aus mir herauskommen und meine Beziehung zu den anderen Freiwilligen stärken konnte. Meine Erfahrungen bis zu dem Zeitpunkt zu reflektieren und mich auf die kommende Zeit einzustellen, hat mir die fehlende Motivation zurückgegeben.

Durch die Dinge, die ich bei der Mid-Term Evaluation gelernt habe, konnte ich besser mit meiner Organisation kommunizieren, meine Wünsche und Meinungen präziser ausdrücken und jegliche Probleme, die aufgekommen sind, zusammen mit der Organisation lösen.

Zurück in der bekannten Routine habe ich dann gemerkt, wie sehr ich mich, verglichen mit dem Anfang meines Projektes, über die vergangenen Monate entwickelt habe. Natürlich waren Greta und ich bis dato schon lange ein eingespieltes Team, aber auch durch die Rückmeldung, die ich von den Einheimischen bei den verschiedenen Community Events bekommen habe, ließen mich neue Interessen entdecken und meine Stärken erkennen. Jetzt weiß ich, welche genauen Aspekte meiner Aufgaben mir am besten liegen und Spaß machen. 

Aber durch die Offenheit meiner Organisation konnte ich auch meine bisherigen Interessen endlich mit in die Arbeit bringen und mit einer anderen Freiwilligen mehrere Arts and Mental Health Workshops umsetzen, bei denen wir uns kreativ austoben konnten. Als wir uns dann die positiven Meinungen der Teilnehmer angehört hatten, wussten wir, dass sich die ganze Mühe gelohnt hat.

Auch wenn wir Probleme mit Zeitmanagement hatten und dann beim letzten Workshop mit einer Enttäuschung konfrontiert waren, ließen wir uns nicht unterkriegen. Was ich gelernt habe, ist, dass man nicht zu sehr auf einem Misserfolg beharren und einfach weiter seinen Weg gehen sollte.

Teil meines Lernprozesses war auch der immense Einfluss, den die Perspektiven der Personen in meinem Umfeld auf mich hatten. Durch die persönlichen Gespräche mit anderen Freiwilligen, aber auch mit den regelmäßigen Teilnehmern in den Sprachclubs, konnte ich meinen Horizont erweitern und sowohl andere als auch mich besser kennenlernen.

Besonders den Einheimischen, die an unseren Community Events teilgenommen haben, sowie die vielen Freiwilligen aus unterschiedlichen Ländern und Lebenssituationen, mit denen ich zusammen gewohnt habe, habe ich mein kulturelles Bewusstsein zu verdanken. 

Indem sie ihre Geschichten mit mir geteilt haben, konnte ich einen mehr persönlichen Bezug zu den verschiedenen Kulturen aufbauen. Umso besser dann, dass in den letzten Wochen vor meiner Abreise der English Club nochmal richtig Fahrt aufgenommen hat und wir einige neue Gesichter begrüßen und kennenlernen durften.

Die Unterkunft wurde auch erst durch die Freiwilligen, mit denen ich sie mir geteilt habe, zu einem richtigen zweiten Zuhause und wir alle zu einer kleinen Patchwork-Familie. An die Filmnächte, die Feiern und die Ausflüge in andere Städte, sogar über die rumänische Grenze hinaus, die wir veranstaltet haben, werde ich mich auch später noch mit einem Lächeln erinnern.

Über die Zeit unseres gemeinsamen Freiwilligendienstes wurde auch Greta zu einer vertrauten Person und guten Freundin für mich. Gemeinsam konnten wir aus unserer Komfortzone ausbrechen und jede Herausforderung angehen, die sich uns in den Weg gestellt hat. Sie war oft meine Stütze, wenn es mir mal schlechter ging und ich schätze mich glücklich, mit ihr ein Zimmer geteilt haben zu dürfen. 

Als es dann Zeit war, Abschied von ihr zu nehmen, war das erstmal hart und ich musste mich daran gewöhnen, sie nicht mehr um mich herum zu haben. Andererseits realisierte ich dann, dass wir uns auf jeden Fall nochmal sehen würden, und ich blickte zuversichtlicher in die Zukunft. 

Für mich wurde durch diese Erfahrung klar, wie wichtig die Menschen um einen herum sind, nicht nur um sich gegenseitig zu unterstützen und füreinander da zu sein, sondern um die eigene Identität festzulegen und zu stärken. Man muss nicht immer die ganze Last auf sich nehmen und manchmal macht es einfach mehr Spaß, mit anderen zusammenzuarbeiten statt alleine.

Am Ende meines Projektes war ich froh, alles geschafft zu haben, dass ich mir vorgenommen hatte, und als ich mich dann von allen und allem verabschiedet hatte und im Bus nach Deutschland saß, sah ich die Sonne nach einer langen Nacht aufgehen und wusste, dass, auch wenn dieses Kapitel sein Ende genommen hat, meine Reise noch nicht vorbei ist und ein neues Kapitel jetzt erst anfängt.

Alexandra verbachte ihren Freiwilligendienst bei Care2Travel, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.