Johanna in Tbilisi, Georgien // 3. Bericht

Kaum zu glauben, dass es schon Mai ist, gefühlt hat das Jahr gerade erst angefangen und wir waren noch Ski fahren in den Bergen, und nun ist es schon fast Sommer und wir gehen bei 30 Grad im See baden. 

Nicht nur das Wetter, sondern auch die Aufgaben bei meiner Organisation Droni verändern sich über die vielen Wochen. Im Januar und Februar haben wir sehr viel Zeit im Büro verbracht, um Projekte für Erasmus zu schreiben. Auch wenn wir an so manchen Fragen fast verzweifelt sind, war es insgesamt eine gute Erfahrung, und es macht mir Spaß ein Projekt bis ins Detail zu planen. Und dann hoffentlich auch bald in die Realität umzusetzen!

Eine nette Ablenkung in dieser Schreibtisch-intensiven Zeit war unsere Neujahrsparty für alle internationalen und georgischen Freiwilligen. Mit leckeren Snacks, lustigen Spielen und guter Musik haben wir einen tollen Abend miteinander verbracht und unsere georgischen Kollegen und Kolleginnen besser kennengelernt.

Die regelmäßigen Veranstaltungen, die wir im letzten Jahr initiiert haben, wurden dann im neuen Jahr weitergeführt. Am beliebtesten ist dabei unsere Quiz Night, bei der wir mit viel Spaß und Witz allerlei alberne Fragen stellen und Preise vergeben. Zusätzlich haben wir beispielsweise auch ein Event zum Valentinstag veranstaltet. 

Auch die interaktiven Workshops finden weiterhin statt, und immer mehr von unserer Gruppe haben nun selbst auch einen Workshop angeboten. Alle können sich dafür selbst ein Thema je nach ihren eigenen Interessen wählen, zum Beispiel “kreatives Schreiben” oder “gesunder Lifestyle”. Ich habe auch selbst einen Workshop zum Thema “interkulturelles Lernen” organisiert, in dem wir mit lustigen Spielen über das Thema Kulturschock und Verständigung reflektiert haben.

Eine Reihe von Veranstaltungen haben wir für die Jugendlichen in einem Jugendzentrum am Rande von Tbilisi organisiert. Neben einem “Real Life Among Us” und einem “Werwolf-Abend” haben wir auch einen “Girls Day” veranstaltet. Mit den Teilnehmerinnen haben wir lustige Spiele gespielt, über Gleichberechtigung und Rollenbilder reflektiert und am Ende noch gemeinsam gebastelt. Es war schön zu sehen, wie offen die Mädchen über diese Themen reden können, ihre Erfahrungen teilen und auch schon viel Wissen darüber haben. Vor den Sommerferien planen wir noch eine Fortsetzung davon.

Eine wichtige Aufgabe bei Droni ist es, unsere Organisation und internationale Angebote wie Erasmus + und European Solidarity Corps auch außerhalb von Tbilisi bekannt zu machen. Während die Jugendlichen in den städtischen Gebieten schon ganz gut darüber informiert sind, gibt es viele ländliche Regionen, die abgeschnitten sind und es an Angeboten für Jugendliche mangelt. So haben wir in den letzten Monaten einige Infoveranstaltungen in kleineren Gemeinden organisiert und waren zum Beispiel in Achalziche in der Nähe der türkischen Grenze. In einem Meeting mit dem Bürgermeister haben wir internationale Projekte und Fördermöglichkeiten vorgestellt und so die lokale Jugendarbeit unterstützt. Danach haben wir mehr als 20 Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren getroffen, um ihnen von unserem Freiwilligendienst und unseren Erlebnissen zu erzählen. Die Jugendlichen waren super interessiert, haben viele Fragen gestellt und am Ende sogar noch Fotos mit uns gemacht. Es war schön zu sehen, wie begeistert alle waren, und motiviert, auch in der Zukunft an Projekten im Ausland teilzunehmen. 

Ein Highlight im März war ein Projekt über “Gender Equality“ in den Bergen, an dem wir teilnehmen konnten. In der internationalen Gruppe habe ich mich super wohl gefühlt, und wir hatten viel Spaß miteinander. Das Programm war sehr aktiv und abwechslungsreich, mit verschiedenen Gruppenaufgaben, Spielen im Schnee und einer Wanderung zum Schwefelbad. 

Direkt im Anschluss war dann unser Midterm Training, bei dem wir alle Freiwilligen aus Georgien, Azerbaijan, und Armenien wieder getroffen haben. Die Tage dort waren ein kurzer Moment des Innehaltens, um über die vergangenen Erlebnisse zu reflektieren, aber auch um Pläne für die kommende Zeit zu machen. Es ist schön, was für eine Community sich mit den anderen Freiwilligen entwickelt hat, dass wir uns gegenseitig besuchen und so noch viele andere Orte im Kaukasus besuchen. 

So konnte ich einen weiteren Punkt auf meiner Liste abhaken und bin nach Armenien gereist. Obwohl ich alleine hingefahren bin, war ich dort durchgehend mit Freunden unterwegs, die ich von verschiedenen Projekten kenne. So wurde mir Jerewan, aber auch die wunderschöne Natur in der Umgebung von “Locals” gezeigt, und ich war  wieder einmal begeistert von der liebevollen Gastfreundschaft im Kaukasus. 

Doch nicht nur tolle Reisen und Veranstaltungen sind hier an der Tagesordnung. Unbedingt erwähnen muss ich die momentane politische Situation in Georgien. Obwohl Georgien seit Ende letzten Jahren den Status als Beitrittskandidat für die EU erhalten hat, hat die Regierung nun ein Gesetz beschlossen, das der europäischen Richtung widerspricht und sich stattdessen an Russland orientiert. Das „Ausländische Agenten Gesetz”  verpflichtet zivile Organisationen und NGOs, die mehr als 20 % aus dem Ausland finanziert werden, sich als ausländische Agenten zu registrieren. Das würde auch unsere Organisation Droni betreffen, deren Arbeit zum Großteil durch Fördergelder von der EU finanziert wird. Die Befürchtung ist, dass diese Kontrolle langfristig missbraucht wird, um Organisationen einzuschränken oder gar ganz zu verbieten, wie es in Russland der Fall war. Unsere Kolleginnen und Freunde sind alle sehr besorgt um die Zukunft des Landes, und gemeinsam gehen wir regelmäßig zu Protesten gegen dieses Gesetz und für den Beitritt Georgiens in die EU. 

Trotz der Sorge und angespannten Situation in der Stadt geht das Leben weiter und wir planen Projekte und Veranstaltungen in Tbilisi und der Umgebung. Und natürlich auch viele Reisen in unserer Freizeit. In diesem Land gibt es so viel zu entdecken, und ich bin immer wieder begeistert von der vielfältigen Natur. In den letzten Monaten war ich am Schwarzen Meer, habe kleine Städte in der Weinregion Kachetien besucht, war wandern in den umwerfenden Bergen und Nationalparks mit Wäldern, Canyons, Höhlen und Wasserfällen und war im April sogar in der Halbwüste an der azerbaijanischen Grenze. 

Es ist unglaublich toll, dieses Land mit all seinen Facetten kennenzulernen und ich freue mich, in den nächsten Monaten noch viele weitere Ecken zu entdecken und den Sommer hier zu erleben.

Johanna verbringt ihren Freiwilligendienst in der Youth Association DRONI, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.